Tag 13 Les Pieux

 4. September in Frankreich ⋅ ⛅ 17 °C

Camping Le Grande Large, 1 Route du Grand Large, 50340 Les Pieux, Frankreich

Eine Fahrt durch eine Heckenlandschaft und durch kleine Orte, ein ganz feudaler Platz, ein Pool für uns allein, ein Strandspaziergang mit Taschen voller Steine.

Es ist kurz nach zehn, als wir reisefertig sind. Die Optik sieht heute etwas besser aus. Zwischen die grauen Wolken haben sich kleine hellblaue Flecken gemischt. Wieder geht es mitten durch die Stadt an Hafen vorbei, wo gerade frischgefangener Fisch verkauft wird. Beim Verlassen der Stadt, fahren wir an Kohl- und Porreefeldern vorbei. Jetzt weiß ich auch, woher der Geruch nach Suppe kam, den der Wind uns immer mal wieder um die Nase geweht hat. Das war der Porree. Es geht auf der D 901 Richtung Cherbourg, durch kleine Orte, in denen die Betriebsamkeit eines Freitagvormittags herrscht und in denen es auch schon mal mit dem Wohnmobil eng werden kann. Heute wollen wir auf die andere Seite der Halbinsel Cotentin fahren. Das sind knapp 100 km. Nach 3 Tagen an einem Ort ist der Reiz des Neuen verflogen. Man kennt die nähere und etwas weitere Umgebung. Dann juckt es uns weiterzufahren, um wieder etwas Neues kennen zu lernen. Wir müssen dazu ein Mal quer über die Halbinsel fahren und erleben das Cotentin wieder als unheimlich grüne Insel. In saftig grünen Wiesen blühen gelbe Blumen und mit dem blauen Himmel darüber kommt die Landschaft fast frühlingshaft daher. Felder und Wiesen sind eingerahmt mit Wällen, auf denen hohe Hecken wachsen. Diese sogenannten „Bocage“ hier im Hinterland der normannischen Küste schützen, ähnlich den norddeutschen Knicks, die Felder, Wiesen und Weiden vor den Widrigkeiten von Wind und Wetter. „Bocage“, jahrhundertelang typisch für die diese Landschaft, wurden im 20. Jahrhundert im Zuge der Flurbereinigung vielerorts abgeholzt, um große, durchgehend zu bearbeitende Flächen für die Landwirtschaft zu schaffen. Erst in letzter Zeit hat ein Umdenken stattgefunden. Man hat den Nutzen dieser Hecken erkannt und es hat eine Renaturierung begonnen. Mich erinnert diese Heckenlandschaft mit den schmalen Straßen dadurch etwas an England.
Kurz vor Cherbourg wechseln wir für ein Stück auf die N13, bis es auf der D56 und D650 nach Les Pieux geht. Auf der D4 erreichen wir den Campingplatz „Le Grande Large “ und hoffen, dass uns auf dem letzten Stück kein Fahrzeug entgegen kommt.


Für das Wochenende gönnen wir uns mal einen 5 Sterne Platz mit beheiztem Pool, Hallenbad und das Ganze direkt am Strand. Mit der ACSI Karte kostet er uns 20 Euro. Bis Ende August wären hier über 40 Euro pro Nacht für uns fällig gewesen. Das Wetter soll sonnig und warm werden. So freuen wir uns zur Abwechslung mal auf Kilometer lange Sandstrände und aufs Schwimmen.
Der Empfang ist sehr freundlich und wir werden auf deutsch begrüßt. Wir bekommen einen großen Platz zugewiesen. Auf meine Frage, ob wir auch einen Platz direkt am Meer haben könnten, bekommen wir einen anderen genannt. Wir machen, wie üblich, einen Spaziergang über dem Platz, bei dem wir die vielen Freiflächen bemerken. Keiner der Hecken umschlossenen Plätze hat direkten Meerblick. Dazwischen liegt noch ein schmaler Streifen Dünen. Wir entscheiden uns daher für den erst genannten Platz, der an Größe und Ausstattung keine Wünsche offen lässt und nur ein paar Schritte vom Strand, Pool und Sanitärgebäude entfernt ist. Das Hängerparken und Einrichten geht schnell und kurze Zeit später inspizieren wir den Platz, machen einen kurzen Spaziergang zum Strand und genießen den Luxus, einen Pool ganz für uns allein zum Schwimmen zu haben. Nach dem Kaffee trinken unternehme ich einen langen Strandspaziergang und sammele dabei tolle Steine und Perlmutt für meinen „Findlinks-Schmuck“. Es hat schon etwas Meditatives entlang der Wasserkante zu laufen. Den Blick zwischen Wellen und Sand schweifen zu lassen, auf das Glitzern kleiner Perlmuttstücke zu achten, die das Meer aus den Austerschalen und Muscheln gelöst hat, und toll geformte, ganz dünne Steine zu sammeln.
„Steinreich“ kehre ich gegen Abend zurück und begegne einem etwas besorgten Michael, der schon am Meer Ausschau nach mir gehalten hatte.


Er hat quasi als kleines Amuse-Gueul ein paar kleine Nürnberwürstel gebraten, die ich mit Heißhunger nach der Wanderung aufesse. Aber dann sieht er mich erwartungsvoll an. Mein Part. Es dauert noch ein wenig, bis das Omelette mit Pilzen und Salat auf dem Wohnmobiltisch steht. Zum Essen draußen ist es inzwischen zu kalt geworden. Beim Spülen trifft plötzlich ein goldgelber Sonnenstrahl mitten in mein Gesicht. Die Sonne will sich verabschieden. Ich lasse Abwasch, Abwasch sein und gehe zum Meer. Die Bänke auf der Düne sind schon mit Schaulustigen besetzt. Man möchte den Sonnenuntergang über dem Meer erleben. Ich mache ein, zwei Fotos, aber dann schiebt sich eine dicke Wolke vor die Sonne und beendet das Spektakel auf ihre Weise. Morgen wird die Sonne es wohl wieder versuchen, alle mit einem perfekten Sonnenuntergang zufrieden zu stellen.

Tag 14 Auf der Route des Caps nach Carteret

 5. September in Frankreich ⋅ ⛅ 16 °C

Ein Wäschealbtraum, Rollerfahrt zum Phare de Carteret, ein Strandspaziergang mit Wellenkontakt.

Heute Nacht habe ich ziemlich schlecht geschlafen, das Donnern des Meeres hinter dem Wohnmobil, das Hämmern des Regens auf dem Dach und die steife Brise waren Schuld daran. Nein, eigentlich war meine Wäsche schuld daran, die ich intelligenter Weise am Vorabend gewaschen und auf die Leinen des Campingplatzes gehängt habe. In meiner Phantasie sah ich sie schon regenschwer in alle Himmelsrichtungen davon fliegen. Michael, der heute Morgen Brot geholt hat, beruhigt mich:“ Hängt noch alles an Ort und Stelle und die ersten Sachen sind sogar schon trocken.“
Unser Frühstück nehmen wir gemütlich und entspannt vor dem Wohnmobil ein. In der Sonne sitzend, planen wie den Tag. Nachdem im Wohnmobil wieder klar Schiff herrscht , eigentlich müsste es ja“klar mobil“ heißen, aber der Begriff ist schon anderweitig besetzt. Also, nach der Womoroutine starten wir mit dem Roller.

Auf der Route des Caps fahren wir durch schmucke Orte wie Le Rozel mit dem Schloss, das als Hotel dient. Über winzige Straßen, in die man sich nicht mit dem Wohnmobil verirren sollte, da die Seiten mit der Brocage, den Schutzhecken, begrenzt sind, und selbst ein normaler PKW für uns auf dem Roller schon ein Verkehrshindernis darstellt.Welch ein Glück, dass wir kaum auf Autos treffen. Hinter Le Rozel führt der Weg entlang der Dünen und wir finden in Surtainville einen Stellplatz direkt hinter den Dünen. Weiter geht es durch eine Landschaft, die eher nach Frühling denn nach Herbst aussieht, mit den grünen Wiesen, in denen der Löwenzahn blüht und dem Himmel mit den Schäfchenwolken. In engen Serpentinen geht es hinunter von Baubigny in den winzigen Ort La Vallee und sofort wieder hoch nach Hattainville. Wir folgen immer dem Hinweisschild “ Route des Caps“.
Kurz vor Carteret führt die Straße dann steil hoch zum Leuchtturm und wir haben zwischendurch tolle Ausblicke auf den Hafen und den Strand, die tief unter uns liegen. Wir parken den Roller auf dem Parkplatz des Leuchtturms und nehmen den Fußweg zur vorgelagerten Spitze.
Während ich auf den Leuchtturm steige, Höhen und Blick in die Tiefe sind nicht so Michaels Ding, schaut sich Michael die Umgebung an. Ich habe Glück, außer uns sind keine weiteren Besucher da, und so kann ich ungehindert hinaufklettern und schauen. Mit einem phänomenalen Blick werde ich belohnt. Die beiden Inseln Jersey und Guernsey liegen im Dunst vor mir. Rechter Hand schimmern gelb die langen Strände von Potoniére, gesäumt von den blauen Wellen des Meeres. Links kann ich auf Carteret, die Strände und den Hafen schauen. Fantastisch. Ich kann sogar den Wanderweg sehen. Wie eine schmale Schneise verläuft er um die Steilküste. Ich klettere die Treppen wieder hinunter und schaue mich nach Michael um. Der sitzt auf einer Bank und genießt von dort die Aussicht. Gemeinsam wagen wir uns auf den steilen Weg hinunter zu den vorgelagerten Felsen, unter denen brausend die Wellen zusammen schlagen. Eine tolle Kulisse, die wir fotografieren. Beim Versuch ein Selfie von uns beiden zu machen, fällt mein Handy auf die Felsen. Nicht einmal, nein gleich zwei mal, weht es der Wind aus der Halterung, in die wir es ohne Schutzhülle gesteckt haben. Das zweite Mal hat nachhaltige Spuren hinterlassen. Die Rückseite ziert nun eine Art Spinnennetz. Aber es funktioniert alles noch. Das war dann ein ziemlicher Schreck. Dem entsprechend betroffen treten wir den Rückweg zum Roller an.
Vom Leuchtturm fahren wir hinunter nach Carteret. Ein hübscher kleiner Ort, in dem man schon das Wochenende mit einem Kaffee in der Sonne begrüßt. Am Ortsausgang entdecken wir einen kleinen Stellplatz für Wohnmobile. Weiter geht es nach Barneville- Cateret. Die Zufahrtstraße ist wegen des samstäglichen Marktes gesperrt. Aber wir finden einen Weg in den Ort, stellen den Roller ab und bummeln durch den Ort. Der Markt ist zu Ende. Die Stände werden gerade abgebaut. Uns steht der Sinn einem Café au Lait in der Sonne. Aber alle Plätze sind besetzt. Man sitzt bereits beim Mittagessen. Auf dem Parkplatz neben unserem Roller halten die Autos einer Festgesellschaft. Ich kann die schicke Kleidung der Damen bewundern. Sogar ein kleines mit Federn geschmücktes Hütchen sitzt seitlich im Haar einer Dame. „Tres chic! “ Aber nicht meine Welt. Ein Blick in die Kirche aus dem 12. Jahrhundert, deren Tür einladend offen steht, muss sein. Dann fahren wir nach Barneville an den Strand, in der Hoffnung, dort einkehren zu können. Endlose breite und menschenleere Strände, ein geschlossenes Strandcafé, aber ein toller Blick aufs Meer, erwarten uns dort. Dann eben „Café á la maison“ beschließen wir und machen uns auf die ebenso schöne Rückfahrt.
Nach einer kleinen Pause, in dem ich mich der Sonne und meinem Tagebuch widme, kann ich Michael zu einem Strandspaziergang überreden. Gemeinsam laufen wir entlang der Wasserkante und schon kurze Zeit später planschen wir ausgelassen in den auflaufenden Wellen, die uns, wenn wir nicht aufpassen, nicht nur die Beine, sondern gleich die ganze Hose nass machen. Wir laufen bis nach Sciotot, dort wo Felsen den Strand ablösen. Eigentlich wollten wir dort den Strandseglern zu schauen, die hier ihr Lager aufgeschlagen haben. Aber die haben wegen des auflaufenden Wassers ihre Fahrten schon eingestellt. Auf dem Rückweg stecke ich Michael mir meiner Sammelleidenschaft an. So kehren wir mit vielen schönen Steinen und Perlmutt beladen zum Wohnmobil zurück.
Am Abend beobachten wir wieder den „Sundown“. Beim Untergang gibt die Sonne ihr Bestes, aber die Wolken, die sich von ihr goldgelb bis kaminrot färben lassen, stehlen ihr die Show.

Tag 15 Route des Caps -Dielette

 6. September in Frankreich ⋅ ⛅ 14 °C

„Surfer watching“, Einkauf und Stadtbummel in Les Pieux, Rollertour auf der Route des Caps zum Hafen von Diélette

Der Tag beginnt sonnig, und bereits vor dem Frühstück schauen wir den Surfern zu, die am Strand mit den Wellen kämpfen und versuchen die perfekte Welle zu erwischen. Der Strand von Sciotot ist ein Surfer- und Kiterparadies, wegen dem Wind, der auch schon mal Windstärken von 6 und mehr erreichen kann, wie uns unser Nachbar, ein begeisterter Windsurfer, erzählt. Alle stecken in Neoprenanzügen, trotzdem fröstelt es mich beim Zuschauen. Denn trotz der Sonne ist der Wind ist frisch ….sehr frisch!
Es ist zwar Sonntag, aber der „Super U“ im 4 km entfernten Les Pieux hat bis Mittag geöffnet. So starten wir am Vormittag mit den Roller zum Einkaufen dorthin, und um uns den Ort einmal anzusehen.
Inzwischen hat es sich ziemlich bewölkt. Es wird doch wohl nicht anfangen zu regnen? Das geht hier schnell, und genauso schnell ist dann die Sonne auch wieder da. Der Weg nach Les Pieux führt ganz schön bergauf. Da braucht man schon ein E-Bike oder eine super gute Kondition. Mit dem Roller geht es natürlich super bequem. Kurze Zeit später parken wir vor dem Eingang des „Super U“ und der Einkaufspass, wenn auch mit Maske, kann beginnen. So viele leckere Sachen. Da fällt es schwer, sich zu entscheiden. Wir kaufen die fehlenden Lebensmittel und Getränke, Apfeltaschen fürs Kaffee trinken und eine lecker aussehende Lachsbruscetta, die überbacken werden muss. Eine Aufgabe für die Omnia. Michael kann an den gegrillten Haxen nicht vorbeigehen, und ich packe mir noch ein kleines Stück von den Leverotkäse ein. Den muss ich aber doppelt und dreifach verpacken, sonst hat das Nachbarmobil später auch noch etwas davon.


Als wir danach unseren Einkauf verstauen, fängt es heftig an zu regnen. Wir warten den kurzen Schauer ab. Zeit genug, die riesigen Waschmaschinen am Eingang des Supermarktes in Augenschein zu nehmen. Für 4 Euro kann man 8 kg Wäsche waschen und trocknen lassen, inklusive Waschpulver. Da wird während des Einkaufes gleich auch die Schmutzwäsche sauber. Manche Supermärkte haben sogar Wohnmobilstellplätze mit Ver-und Entsorgung.
Der Regen hat aufgehört und wir fahren das kurze Stück bis zur Stadtmitte. Die Stadt hat extra für uns Wimpel und Fahnen aufgehängt. Beim Bummel durch die Stadt bemerken wir, dass ein Stadtfest stattfindet. Über dem offenen Buchenholz gebratenes Geflügel, Schwein und Würste werden in Buden zum Verzehr angeboten. Riecht ziemlich lecker. Wir beenden unseren Bummel und zurück geht es Sonne tanken, die scheint inzwischen mit voller Intensität vom wolkenlosen Himmel, Kaffee trinken mit den leckeren Apfeltaschen und Tagebuch schreiben. Gegen Nachmittag starten wir die Routes des Caps in die andere Richtung mit dem Roller. Der Fährhafen von Diélette ist unser Ziel. Zunächst fahren wir durch Sciotot. Hier hat sich eine Surfer-und Kitergemeinde niedergelassen. Das Strandcafé und der Parkplatz sind gut voll und auch auf dem Wohnmobilstellplatz hinter dem Parkplatz stehen einige Mobile Es geht stetig berghoch und bald können wir zwischen den Bäumen und Hecken tief unten das Meer glitzern sehen. Ich komme mir vor wie auf einer Fahrt entlang der spanischen Küste mit den Bananenstauden, den Palmen und Agaven am Wegesrand, dem blauen Himmel und dem blau leuchtenden Meer. In Flamaville, einem hübschen, blumengeschmückten Ort mit Schloss und Schlosspark machen wir halt und schauen uns ein wenig um, bevor es weiter nach Diélette geht. Schon von oben können wir den Hafen in der Sonne liegen sehen. Wir parken den Roller und bummeln durch den Hafen, der heute am Sonntag Ausflugsziel einiger französischen Familien ist. Wir schauen uns die Hafenanlage an. Hier sinkt der Wasserstand zwar auch, aber die Hafenbecken fallen nicht trocken. Der Zulauf durch einen kleinen Fluss sorgt dafür. Alle Stege und auch die Gangway für die Personenfähre nach Guernsey, die hier mehrmals am Tag ablegt, sind so konstruiert, dass sie mit dem ansteigenden Wasser mit gehen. Während Michael nach der komplizierten Technik des Hafens schaut, interessieren mich mehr die Paragleiter, die wie bunte Schmetterlinge vor der Steilküste segeln. Das möchte ich auch einmal machen. Doch davon will Michael überhaupt nichts wissen.“Viel zu gefährlich“, meint er. Den Hafenbesuch lassen wir mit einem Besuch des Ausflugslokals ausklingen. Herrlich ist es, in der Sonne bei einem Getränk zu sitzen und dem Treiben im Hafen zuzusehen. Irgendwann müssen wir zurück. Doch die Fahrt entschädigt uns ein wenig dafür, den schönen Platz verlassen zu müssen.
Am Wohnmobil zurück ist es Zeit, sich um das Abendessen zu kümmern. Die gekaufte und im „Omnia“ gebackene Lachs Bruscetta ist total lecker und reicht für uns beide.


Auch heute strömen alle wieder zu den Sonnenuntergangsplätzen am Meer und hoffen auf den perfekten Sonnenuntergang. Und wieder hat es nicht geklappt. Wir packen schon ein wenig zusammen. Morgen geht es 250 km weiter in die Bretagne.

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