Mit dem Rad nach Buitenpost
Hört das denn auf dieser Tour überhaupt nicht auf? Nach der Toilettenspülung, der Mikrowelle, der verklemmten Klappe, dem Boiler, ist heute morgen auch noch die Abdeckplatte der Toiletten-Kassette abgebrochen und hineingefallen. Michael musste mal wieder reparieren und die Abdeckung mit einer Schraube wieder befestigt. Ein Provisorium für die nächsten Tage. Nur gut, dass seit gestern zumindest die Toiletten hier im Hafen wieder geöffnet worden sind. Allerdings unter Corona-Bedingungen. Nur eine Toilette ist geöffnet und maximal zwei Personen dürfen sich im Raum aufhalten. Eigentlich ist das vor dem 1. Juni 2020 hier in Holland verboten, aber nachdem die Kassetten- Entsorge streckenweise ausgefallen ist, wurden die Toiletten über Tag geöffnet.
Michael hat keine Lust mehr, irgendetwas zu unternehmen. Außer vielleicht heute Abend Kibbelinge essen zu gehen. Seit heute nämlich darf die Gastronomie wieder öffnen. Westereen hat einen ausgezeichneten Fischimbiss, so hat man uns gesagt, und den wollen wir am Abend ausprobieren.
Daher sattele ich am Vormittag mein Rad allein. Mein Ziel ist Buitenpost. Laut Radplaner knapp 15 km eine Strecke .Wenn auch der Kräutergarten “ Hortus van Frysland “ nicht geöffnet hat, so ist das Cafe dort doch ein lohnendes Ziel. Der botanische Garten von Friesland bietet normaler Weise 17 Themengärten und die größte Botanische Sammlung an Heilpflanzen. Im dazugehörigen Gartencenter kann man Stauden, Heil- und Gewürzpflanzen kaufen, wenn nicht gerade wegen Corona geschlossen ist. Aber egal. Der Weg ist das Ziel.
Bereits nach kurzer Zeit gilt es einen Stopp einzulegen. Erdbeeren winken vom Stand eines Bauernhauses. Für 2 Euro, die ich in einen alten Briefkasten stecken soll, habe ich doch schon ein nettes Mitbringsel für meinen von Reparatur-Alpträumen geplagten Mann. Übrigens wird hier an jeder Ecke privat etwas angeboten. Ob frische Eier, eigenes Obst , Gemüse, Pflanzen und Blumen oder Ausrangiertes, das einen neuen Besitzer sucht, alles wird vor der Einfahrt aufgebaut. Ich fahre wieder nach dem Knotenpunktsystem und komme mir immer ein wenig vor wie auf Schnitzeljagd. Wo ist denn der nächste Hinweispunkt?
Der Wind muss heute besonders stark von vorne wehen. Trotz E-Bike brauche ich viel Kraft, um voranzukommen. Selbst in der höchsten Unterstützung. Die Niederländer sind ja immer flott auf dem Fahrrad unterwegs, aber als mich ein älterer Herr mit Holzschuhen, aber ohne Motor überholt, merke ich, dass mein Vorankommen wohl nicht nur am Gegenwind liegen kann. Ich unterziehe mein Rad einer genauen Inspektion und stelle dabei fest, dass der Akku gar nicht aktiv ist. So kann ich auf keinen Fall weiterfahren. Dafür ist das Rad viel zu schwer. Umkehren? Nach einem Reset sieht die Sache plötzlich ganz anders aus. Mein Rad rollt wieder mit Schmackes die Straße entlang. Da habe ich mich aber schon etliche Kilometer abgemüht. Das verzeichne ich mal als Bonus auf meinem Aktivitätskonto.
Der Radweg führt durch den Veemkloosterbos. Ein Waldstück, wie es scheint, voller Geheimnisse. Hier und da blinkt ein See zwischen den Bäumen hindurch oder behindert ein Reh die Weiterfahrt. Da drehe ich lieber, ich bin sowieso in die falsche Richtung gefahren. So ganz allein im Wald ist es doch ein klein wenig unheimlich.
Dann erreiche ich Buitenpost und den Kruidhof und kehre auf einen“ Kaffee Verkehrt“, einem Milchkaffe, ein. Es ist wenig Betrieb. Meinen Kaffee muss ich mit Karte bezahlen. Serviert bekomme ich ihn in einer kleinen Pflanzkiste, die auf einer Anrichte abgestellt wird. Von dort muss ich die Kiste abholen. Alles, um mögliche Kontakte zu vermeiden. Nachdem Gäste gegangen sind, wird alles komplett desinfiziert, vom Tisch über die Stühle bis zur Deko.
Nach dem gemütlichen Kaffeetrinken fahre ich noch in den kleinen Ort. In den Cafes und Bars sind die Stühle wieder draußen aufgestellt und die ersten Besucher genießen hier das schöne Wetter. Langsam mache ich mich auf den Heimweg.
Unterwegs finde ich ein Schild, das auf die sogenannten „Rustplaats“ aufmerksam macht. Das sind Rastplätze für Radfahrer bei landwirtschaftlichen Betrieben, Gärtnereien oder ähnlichem. Hier stehen immer Kaffee, Tee oder Kaltgetränke bereit, von denen man sich gegen einen kleinen Obulus bedienen kann. Oft auch in Verbindung mit einem Bauernladen oder mit der Einladung zur Betriebsbesichtigung. Dieser Rustplaats gehört zu Forellenteichen. Einige Angler versuchen bereits ihr Glück. Eine schön gestaltete Anlage bietet Platz zum Rasten und Picknick machen. Ich schaue nur ein wenig und bin pünktlich zur Kaffee- und Kuchenzeit zurück am Wohnmobil.
Am Abend gehen wir Kibbelinge essen. Die sind wirklich gut. Wir ordern sogar noch eine Portion nach. Doch da waren die Augen größer als der Mund, wie man so schön sagt. Die letzte Portion nehmen wir mit nach Hause. Morgen werden wir wir den schönen Platz hier im Hafen verlassen. Ich möchte gern noch Leeuwarden besichtigen, und wir versuchen in Stadtnähe einen Stellplatz zu bekommen.