Tag 32 La Roque Gageac/Gärten von Marqueyssac

 

 

 

 28. September in Frankreich ⋅ ☁️ 17 °C

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wir sind ja erst seit kurzer Zeit in der Dordogne, aber das, was wir bisher gesehen haben, fasziniert uns sehr. Zwei Tage haben wir eingeplant, um uns ein wenig umzusehen. Viel, viel zu wenig.
Beim Frühstück rückt Michael damit heraus, dass er auf Heimatkurs ist. Eigentlich haben wir sechs Wochen geplant. Aber, so richtig fit ist er nach der Lungenembolie immer noch nicht. Dazu kommt der defekte Kühlschrank, der zwischendurch immer mal mit kurzzeitigen Blinken das Schlimmste befürchten lässt, nämlich dass er auch nicht mehr auf 230 V zu funktionieren gedenkt.

Ich habe schon so etwas geahnt, nachdem er von „Moliets-Et-Maa“ bis nach „Domme“ durchfahren wollte. Solche Distanzen fahren wir eigentlich nur, wenn wir in ein bestimmtes Zielgebiet erreichen wollen.

Das Périgord kommt aber jetzt ganz oben auf unsere Frankreich-Bucket-Liste.

An dieser Stelle möchte ich mich einmal für die vielen Tipps bedanken, die ich alle notiert habe und am liebsten sofort umgesetzt hätte. Viele Ziele für die nächste Frankreichtour.

Der Morgen beginnt neblig und es ist brrrr….. kalt. In der Nacht sind die Temperaturen auf 8 Grad gefallen. Der Tag hat nicht mehr als 17 oder 18 Grad zu bieten, dafür aber Wolken und Regenschauer im Gepäck. Keine idealen Voraussetzungen für das, was wir so vorhaben. Aber wir denken mal positiv, vielleicht ist auch mal anders herum kein Verlass auf Wetter online.
Als wir mit dem Roller starten, liegt der Frühnebel noch immer wie eine feine Decke auf dem Fluss. Die Sonne kämpft verzweifelt gegen die Übermacht der Wolken…..und sie gewinnt.
In „Domme Le Port“, als wir nach „La Roque Gagenac“ abbiegen, ist sie bereits mit dabei.
Das Rollernavi führt uns auf dem Radweg und das ist wirklich eine super schöne Strecke, die außer uns niemand befährt
Dann tauchen die Felsen vom La Roque Gagenac auf, die von der Sonne angestrahlt, aber noch ein wenig vom Nebel eingehüllt sind. Ein tolles Bild, wie auch der ganze Ort, der in und an die Felsen gebaut ist.

Wir stellen den Roller auf dem Parkplatz an der Dordogne ab. Dort stehen auch schon einige Wohnmobile, die die Nacht auf diesem einfachen Platz verbracht haben.
Eigentlich wollen wir gleich in den Ort gehen und schauen schon mal nach Treppen oder einem Aufgang, aber dann gehen wir doch erst an den Fluss.
Was ist denn das? Da liegen ja Holzschiffe. Nachbildungen der früheren Lastkähne. So genannte Gabarres. Und man kann mit ihnen von La Roque Gageac aus eine einstündigen Spazierfahrt auf der Dordogne machen.
Die Strecke von sieben Kilometern führt vom Hafen La Roque-Gageac, das übrigens als „schönstes Dorf Frankreichs“ eingestuft ist, bis zum Schloss von Castelnaud und verspricht den Genuss, der beeindruckenden Flussumgebung mit seinem Reichtum an Fauna und Flora, (einen Fischreiher können wir später ganz nah sehen ).
Auf dem Wasser an den Burgen vorbei schippern und sich etwas von den Geheimnissen der Dörfer aus gelben Sandstein, die an den Kalksteinfelsen hängen, erzählen lassen, das ist doch mal etwas Interessantes und Schönes.

Die nächste Fahrt startet in 10 Minuten. Bevor wir richtig überlegen können, haben wir schon die Tickets in den Händen, und gehen mit einer Handvoll anderer Passagiere an Bord des gerade angelegten Schiffes.
Was folgt, ist eine herrliche Fahrt auf der Dordogne mit viel Wissenswertem aus der Vorgeschichte, dem Mittelalter, aus dem Leben der Gabarrier, vom Fluss und vielem mehr, dem wir Dank des deutschen Audioguides auch super folgen können.
Nach einer guten Stunde legen wir wieder an. Das hat uns sehr gut gefallen. Manchmal muss man eben ganz flexibel sein.
Dann machen wir uns auf zur Dorfbesichtigung, das direkt an den Felsen gebaut ist. Über dem Dorf im Felsen befindet sich das Fort La Roque Gagenac.
Der Weg aufwärts zur Kirche ist wie ein Gang durch einen Urwald. Alles voller mediterraner Pflanzen, die hier wachsen wie Unkraut, weil der Fels sie mit Wärme und Wasser versorgt.
Wir streifen durch die kleinen Gassen. Ins Fort, das über eine steile Treppe am Felsen zu erreichen ist, gehen wir nicht. Michael hat es nicht so mit großen Höhen, aber so ganz soll er im weiteren Verlauf des Tages nicht davon verschont bleiben. Doch dazu an anderer Stelle mehr. Wieder auf Straßenniveau, schauen wir in die Läden und studieren Speisekarten, denn wir haben wieder einen blinden Passagier dabei, der kleine Hunger ist während der Schifffahrt aus seinem Versteck gekommen, und bei dem Klettern über die Treppen im Ort, ist er ganz schön gewachsen. So stellen wir ihn mit einem Salat und einem „Assiette de Périgord“ zu Frieden.
Auf dem Teller ist vieles zu finden, was die Region zu bieten hat.
Die Teller oder Brettchen (Planches) sind daher zu unseren Lieblingen geworden. So probiert man auch mal Sachen, die man sich sonst nicht bestellt hätte.
Nachdem der kleine Hunger zufrieden gestellt ist, geht es zurück zum Roller. Unser nächstes Ziel sind die Gärten von Marqueyssac, die keine 5 Kilometer weiter zu finden sind.

Es geht, wie soll es auch anders sein, wieder bergauf, bis wir den Roller unterhalb der malerischen Gärten parken können. Die Gärten liegen auf einem Felsvorsprung und der 22 ha große Park überragt das Tal. Darum spricht man auch von den hängenden Gärten, in deren Mittelpunkt ein Schloss aus dem 19. Jahrhundert steht. 150.000 Buxbäume, in fantasievolle Formen mit wallenden Bewegungen und in Rundungen geschnitten, werden hier in Szene gesetzt (bisher hat der Buchsbaumzünsler den Weg hier noch nicht hingefunden).

Wir folgen dem Weg zum Belvédère und werden mit immer neuen Ausblicken ins Tal auf der einen Seite und mit Wasserfällen, Felsen, Buxbaumhecken auf der anderen Seite belohnt.

Insgesamt 6 km umfasst der Weg durch den Park. Damit haben wir nicht unbedingt gerechnet. Auch nicht, dass es zum Belvédère kontinuierlich bergauf geht. Vom Aussichtspunkt „Belvédère de la Dordogne“, 130 Meter über dem Fluß gelegen, eröffnet sich ein schönes Panorama auf das Tal, die Schlösser, die Dörfer und auf die Dordogne. Für die frei über dem Tal schwebende Plattform sollte man schwindelfrei sein. Michael schaut sich das Ganze lieber aus sicherer Entfernung an.
Im oberen Bereich der Gärten, nicht weit vom Aussichtspunkt Belvédère entfernt, schlängelt sich ein über 100 m langer Baumwipfelpfad durch die Bäume. 
Dann gibt es noch einen Klettersteig, die “Via Ferrata”. Über 200 Meter lang und entlang der Felswände angebracht, verspricht er wahren Nervenkitzel.
Wir laufen zurück zum Ausgang. Es ist später Nachmittag. Für heute haben wir genug gesehen und unternommen. Mit dem Roller geht es zurück zum Campingplatz. Morgen geht es eine Etappe weiter in Richtung Heimat. Übrigens , auf Wetter online war wieder kein Verlass, der Regen kam erst, als wir es uns schon im Wohnmobil gemütlich gemacht hatten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tag 33 Bourges

 

 

 

 29. September in Frankreich ⋅ ☁️ 14 °C

 

 

 

Unser Standort: Camping Robinson

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich bin immer wieder begeistert über die Freundlichkeit der Franzosen. Da stehen die beiden von der Rezeption doch am Tor und Winken uns nach.
Beim Bezahlen habe ich sogar einen Stoffbeutel geschenkt bekommen.
16 Euro die Nacht und dann noch mit dem beheizten Pool, da kann man echt nicht meckern. Einzig die Beschaffenheit der Plätze gibt einen kleinen Minuspunkt. Die sind zwar sehr groß, aber nach dem Regen waren sie so was von aufgeweicht und lehmig.
Unsere Clogs, die wir in solchen Fällen tragen, sehen aus, als hätten wir damit auf dem Acker bei Regen Kartoffel aufgesucht.
Aber für den Regen kann ja niemand etwas.

Wir kommen pünktlich weg und hoffen, dass uns auf dem schmalen Weg niemand entgegen kommt. Etwa ein anreisendes Wohnmobil, das wäre fatal. Aber alles geht gut und wir können aufatmen.

Doch kurze Zeit später, unsere Mathilde( Navi) hat für die Route die D 703 ausgesucht, kriegen wir beide, Michael und ich, etwas Schnappatmung. Ich, weil die Strecke landschaftlich so wunderschön zwischen den Felsen und der Dordogne langführt und Michael, weil diese Straße so eng ist, dass es Ausweichplätze gibt, damit zwei Fahrzeuge passieren können. Gut, dass wir an der Flussseite fahren. Trotzdem kommen die überhängenden Felsen uns oft sehr nahe. Zu meiner Freude geht es eine ganze Zeit so am Fluss entlang, und ich gewinne noch schöne Eindrücke von „Calviac“, „Cazoules“ und „Souillac“.

 

 

 

In „Cazoules“ haben wir einen unerwarteten Blick auf das „Chateau Raysse“. Und in „Souillac“ wird das Womo einmal ordentlich gefordert, als es eine ziemliche Steigung nehmen muss.
Michael höre ich zwischendurch immer wieder leise fluchen, weil die enge Straße kein Ende nehmen will und uns sogar LKWs entgegen kommen.
Hinter Souillac geht es dann über die D 804 kurvenreich weiter, bis wir irgendwann die Auffahrt auf die A20 Richtung Paris nehmen können.
Von da an sollte es entspannter weiter gehen, aber kaum sind wir auf der Autobahn, öffnet der Wettergott alle Wolkenschleusen, und es pladdert nur so vom Himmel herunter, dass wir kaum noch die Fahrbahn sehen können. Der Regen begleitet uns ein ganzes Stück. Er ist heute in der Dordogne auch tagsüber angesagt. Da hätten wir nicht mehr viel unternehmen können.
Anders sieht es für heute und morgen in Bourges, unserem nächsten Ziel aus, das über 300 km weiter nordöstlich liegt. Da erwarten uns Sonne und 20 Grad. Lassen wir uns überraschen. Bis auf kleines Stück zu Beginn, ist die komplette A 20 bis Vierzon mautfrei.

Während der Fahrt auf der Autobahn betrachte ich oft die Hinweisschilder zu Sehenswürdigkeiten oder Regionen, über die ich mir dann gleich oder später Informationen besorge.
Heute bin ich auf das „Val de Creuse“ aufmerksam geworden. Und dahinter versteckt sich eine ganz interessante Region, von der ich bisher noch nichts wusste.
Im Tal des kleinen Fluss Creuse, in dem Künstlerdorf Gargilesse, beginnt eine Route, die den Spuren impressionistischer Maler folgt. Es sind fast 400, die ihre Staffeleien mal am Ufer der Creuse aufgestellt haben und angezogen worden sind, von der rauen Landschaft mit ihren Mühlen und Fachwerkhäusern. Es gibt dort auch einen See, den „Eguzon See“ mit dem „Eguzon Staudamm“. Das ist eine Region, die ich mir auch gern ansehen möchte.
Aber mein Mann möchte nach Hause, und so werden wir in den nächsten Tage große Etappen machen.

Es ist 15.00 Uhr als wir auf der N 151 in Bourges einfahren. Das letzte Stück auf der D 1244. Der Stadtcamping liegt fußläufig zur Altstadt am Ufer des Flusses Auron. Bei der Anmeldung gibt es ein kleines Missverständnis. Die beiden Damen meinen, wir hätten besser reservieren sollen. Sie hätten im Moment keinen so großen Platz, auf den wir passen würden. Sie bieten uns einen Platz ziemlich am Rand an, für den wir aber viel Kabel brauchen würden bis zur nächsten Steckdose. Da der Platz sofort bezahlt werden muss, will ich den lieber erst einmal sehen. Die Dame an der Rezeption begleitet uns. Wir gehen an vielen, schönen und leeren Plätzen vorbei. Ich frage, warum wir denn dort nicht stehen können. Die Rezeptionsdame schaut mich irritiert an und sagt, dass wir dort doch gar nicht drauf passen würden. Da fällt der Groschen, und ich erkläre, dass wir den Anhänger durchaus abhängen und neben uns stellen können. Innerhalb von ein paar Minuten haben wir einen schönen, sonnigen Platz und Michael braucht nicht einmal das lange Kabel auszupacken. Es wird auch Zeit, dass wir von der Schranke wegkommen, denn es steht schon jemand hinter uns, der gern hinen möchte.
Wir richten uns schnell ein und genießen ein wenig die Sonne vorm Wohnmobil.

Michael möchte sich gern weiter ausruhen, während ich schon mal eine Schnuppertour in die Altstadt machen will.
Eine gute Viertelstunde brauche ich, bis ich an der Kathedrale Saint Êtienne ankomme, die in der Spätnachmittagssonne und vor dem blauen Himmel beeindruckend aussieht mit den vielen Verzierungen, Türmchen und Rosetten. Im Innern ist sie eher schlicht gehalten. Sie ist dem heiligen Stefanus geweiht und wurde bereite 1862 zum Kulturdenkmal erklärt.
Von der Kathedrale gerate ich in die Altstadt. Hatte ich vorher noch gedacht: „Na, ja! Die Kathedrale ist ja ganz beeindruckend, aber sonst ist es eine normale französische Stadt. Nichts Besonderes“, werde ich mit jedem gelaufenen Meter mit etwas Besserem belehrt. Viele, viele Fachwerkhäuser, in vielen, vielen kleinen Straßen. Die Fachwerkhäuser sind teilweise sehr renovierungsbedürftig, teilweise sehr schön renoviert.
Neugierig, wie ich bin, laufe ich von einer Straße in die nächste, um vielleicht noch etwas Interessantes zu entdecken. Mit dem Erfolg, dass ich mich total verlaufe und keine Ahnung mehr habe, wo ich eigentlich bin. Gut, dass es Google Maps gibt. Eine kurze Eingabe und mein Handy führt mich aus dem Straßengewirr heraus und zurück zum Campingplatz. Dort wartet Michael schon mit dem Abendessen. Heute hat er mal den Grill angeworfen. Wie schön.
Der Platz ist zum Abend ziemlich voll geworden und noch immer rollen Wohnmobile herein.
Ob die alle wegen der Kathedrale da sind? Morgen werden wir uns Bourges gemeinsam anschauen und dann hoffentlich ohne uns zu verlaufen.

Tag 34 Bourges/Tour Plan d’eau und Canal Berry

 30. September in Frankreich ⋅ ☀️ 13 °C

 

 

 

 

 

Kathedrale Bourges

 

 

 

 

 

Also…Heute habe ich mich nicht in der Altstadt verirrt. Aber ich habe auch mein Rad und den“ Little white Train“ zum Sightseeing benutzt.
Aber alles in chronologischer Reihenfolge.
Das Wetter heute morgen ist vom Feinsten, obwohl es in der Nacht ganz schön kalt gewesen ist. Sogar die Heizung hat eingesetzt.
Beim Frühstück erklärt Michael, dass er heute mal einen Entspannungstag am Wohnmobil machen möchte. Er hätte noch so das eine oder andere zu schrauben, möchte mal wieder an seinen Laptop…….Außerdem würde er schon von Burgen, Kirche, Schlösser und Höhlen träumen. Er braucht einen mentalen Reset-Tag.
Okay….. dann plane ich den Tag mal allein.
Unser Kühlschrank ist nicht nur defekt, sondern auch gähnend leer. Manchmal glaube ich, dass er deshalb zwischendurch immer mal blinkt, um uns darauf aufmerksam zu machen, dass es gar nichts mehr zu kühlen gibt.
Doch dem ist abzuhelfen, denn…. der Lidl ist nur gut 500 m von uns entfernt. Und zu einer Einkaufstour ist auch mein Mann bereit.
Wir mühen uns, die stark befahrene D 1244 zu überqueren, um dann auf der gut befahrenen Straße, die gegenüber des Campingplatzes beginnt, zum Lidl zu kommen, nur um dann am Lidl festzustellen, dass es einen tollen Radweg abseits jeglicher motorisierten Fahrzeuge gibt.
Der Lidl lohnt sich preislich mal wieder, und er hat auch viele regionale Produkte im Angebot.
Wir kaufen ein. Dem Kühlschrank wird es gefallen. Schließlich sind wir bereits auf dem Heimweg und wollen das eine oder andere mitnehmen.
Die Radtaschen sind gut gefüllt, als wir auf einem herrlichen Radweg und ohne feindlichen Autokontakt direkt am Fluss Auron zurückradeln.
In der Richtung des Lidls liegt auch der Plan d‘ Eau, ein Freizeitsee in einer Parkanlage, den man umradeln kann, das habe ich herausgefunden. So werden nur die Lebensmittel ausgepackt, und dann starte ich mit viel Elan und Neugier, aber ohne Mann zu einer Radtour.
Also, das muss ich ja sagen, die Radwege ….super. Bis zum See fahre ich auf dem tollen Radweg, den wir schon beim Einkaufen kennen gelernt haben. Dieser Weg führt dann auch in seinem Verlauf rund um den See. Am Anfang habe ich geglaubt, dass es sich kaum mit dem Rad lohnt zu fahren, dass ich das auch locker hätte Walken können, aber dann sehe ich, wie weit sich der See zieht.
Der Weg gehört mir und meinem Rad, nur hin und wieder gilt es einen Jogger zur Seite zu klingeln.

 

 

Die Saison ist vorbei, die Boote aus dem Wasser gezogen, der Strand verwaist. Das heißt nicht ganz. Eine Gruppe junger Leute stellt gerade Bierzeltgarnituren auf und lädt die Zutaten für ein Picknick aus. Die Franzosen lieben es, zu picknicken, und daher findet man an allen möglichen und unmöglichen Stellen in der Natur Picknickplätze, die sehr oft besetzt sind.

 

Ich genieße die Fahrt am See. Es ist wie eine Luftdusche. Die merklich kühle Luft erfrischt, während die warmen Sonnenstrahlen dafür sorgen, dass man nicht friert. Herrlich.

 

Zwischendurch halte ich an und mache an besonders schönen Stellen Fotos. So auch von dem Parkplatz direkt am See, auf dem bereits ein Wohnmobil steht. „Das ist doch mal ein schöner Platz,“ denke ich dabei und will mir mit dem Foto die Koordinaten merken. Da spricht mich der Jogger an, den ich vorher überholt habe, und fragt, warum ich diesen Platz fotografiere. Ich erkläre ihm, dass ich den Platz für einen schönen Stellplatz für Wohnmobile halte.
Grinst der wirklich ein wenig, oder bilde ich mir das nur ein als er mir antwortet: „Das ist zwar ein schöner Platz, aber nichts für Camping-Cars. Hier gibt es zu viele sexuell Verrückte. Es ist nichts zum ruhigen Übernachten!“
Dann kapiere ich endlich, was er meint, bedanke mich für die Info und suche unauffällig nach einem roten ❤ im geparkten Mobil. Jetzt hätte ich mir den Platz beinahe als verkehrsarmen Stellplatz gemerkt.

 

Ich fahre weiter und sehe plötzlich den Radweg entlang des „Canal de Berry“ ausgeschildert und beschließe spontan dieser Route zu folgen. Die Radroute entlang des “ Canal de Berry“ beginnt in „Vierzon“, endet in „Annoix“ und ist 57 km lang. Die 57 km will ich nun nicht gerade fahren, aber bis zum nächsten Ort, warum nicht? Es geht durch eine friedliche Waldlandschaft. Nur das Zwitschern der Vögel ist zu hören. Mein Rad rollt wie von allein über den asphaltierten Weg. Aber den Kanal kann ich nirgendwo entdecken. Ich bin schon fast in Plaumpied-Gauverdiens, bis ich bemerke, dass ich schon die ganze Zeit neben ihm her fahre. Unter Kanal hatte ich mir etwas anderes vorgestellt. Nicht so ein kleines und total zugewachsenes Bächlein.
In Plaumpied-Gauverdiens, ein ausgestorben wirkendes Dorf, trete ich den Rückweg über die D 106 an, in der Hoffnung irgendwie wieder eine Zufahrt zum Radweg zu finden. Die finde ich nicht so schnell, obwohl ich den Weg fast sehen kann. Dafür gerate ich auf die N 142, auf der ich mit dem Rad nichts zu suchen habe. Ohje. Mein Rad gegen den Gegenverkehr schiebend, versuche ich wieder auf die D 106 zu kommen, auf der ich dann sicher zu meinem Radweg am See gelange und die Seeumrundung beenden kann.
Als ich am Wohnmobil zurück bin, habe ich mal locker 30 km zusammen gestrampelt.

 

Bourges Sightseeing 2.0 heißt es für mich nach dem Kaffee trinken. Auf dem entdeckten Radweg an der „Auron“ fahre ich mit dem Rad in die Altstadt. Das geht doch etwas schneller als zu Fuß und es macht Spaß, durch die engen Gassen zu fahren, ohne auf die vielen Einbahnstraßen achten zu müssen, denn für Radfahrer sind sie alle frei. In der Oberstadt gilt es erst einmal mein Rad so zu parken, dass ich es auch wiederfinde. Die Kathedrale scheint mir ein geeigneter Ort zu sein, die auch heute wieder alles überragend und majestätisch in der Sonne steht.
Kaum habe ich mein Rad abgestellt, da kommt die kleine, weiße Touristenbahn auf den Platz vor der Kathedrale gefahren. Die nächste Fahrt geht in 8 Minuten los und es gibt sogar deutschsprachige Erklärungen. Da überlege ich nicht lange. Alles Wichtige zu sehen und erklärt zu bekommen, ohne sich zu verlaufen oder an interessanten Sehenswürdigkeiten vorbei zu rennen, das hat doch was. Nur auf meine 10 000 Schritte werde ich dann heute wohl nicht mehr kommen.
Mit mir steigt eine Gruppe junger Menschen mit einer Behinderung und ihrer Begleitern ein, die super gut drauf sind. Die Situation erinnert mich sehr an einen Klassenausflug mit dem „Emil“, dem Touristenbähnchen in Bad Oeynhausen. Rollstühle werden eingeladen und Treppchen zum Einstieg bereitgestellt. Das kommt mir alles so bekannt vor.
Als die Zugführerin mich fragt, ob ich zu der Gruppe gehöre, hätte ich beinahe „ja“ gesagt.
Ich bezahle die Fahrt und bekomme Kopfhörer, die ich im Wagen auf Deutsch einstellen kann. Und dann geht es schon los. Vieles habe ich mir gestern schon angeschaut. Heute bekomme ich die Erklärungen dazu. Aber ganz viele Sehenswürdigkeiten hätte ich allein gar nicht gefunden. Die Stadt ist voller Geschichte. Häuser, die hunderte von Jahren alt sind. Kunstvolle Holzschnitzereien an ihren Balken, aufwendige Verzierungen an den Steinhäusern. Ein anspruchsvolles Erbe, das es zu erhalten gilt. Jahreszahlen und Baumeister rauschen an mir vorbei. Keine Chance, kein Platz mehr auf meiner Festplatte. Ich freue mich mehr über die Schönheit der Dinge und staune, wie Menschen im Mittelalter und noch eher so bauen und planen konnten.

 

 

 

 

 

Übrigens werden die historischen Gebäude der Stadt in den Sommermonaten blau beleuchtet und mit verschiedenen Technologien die Geschichte der Stadt an den Fassaden erzählt, die sogenannten „Nuits Lumière“.
Gut unterhalten und informiert, bin ich eine gute Stunde wieder an der Kathedrale. Es lohnt sich wirklich diese Stadt zu besichtigen. Ein kurzer Bummel in den französischen Park und durch die Straßen rund um die Kathedrale, Dann wird es Zeit für den Rückweg.
Mein Fahrrad steht noch einsam und allein vor der Kathedrale, und es findet auch den Weg zurück zum Wohnmobil, nach diesem angefüllten Tag mit den vielen Eindrücken.