Am Meer bei Rio Claro

Tag 18

 5. April in Italien ⋅ ☀️ 15 °C

Unser Standort: Camping Sant Anastasia

Stellplatz am Meer

Nach den zwei Tagen mit Rattern, Brummen, Knattern, Pfeifen, Hupen, mit Geschrei, Lachen und Wortfetzen in allen möglichen Sprachen, verschiedenster Musik,oft im Wettstreit gegeneinander, mit Ausweichen und Überholen, mit Gedränge und Geschubse, mit Rotieren der Augen und am Ende der Warnung: „Speicher voll!“, steht uns heute der Sinn nach Ruhe. Am liebsten Ruhe am Meer mit sanften Wellengeplätscher und einem weiten Blick über das Wasser.

Ne, ist klar, aber sonst haben wir keine Wünsche.
Natürlich haben wir noch Wünsche: Da wäre erst einmal heile aus dem Großstadtsumpf herauszukommen. Dazu müssen drei knifflige Aufgaben bewältigt werden.
Erstens: die Erfüllung des Wunsches, dass auf der ca. 500 m langen Zufahrt bis zur Rezeption uns niemand mit Wohnmobil entgegenkommen möge. Zwei von der Sorte passen nicht nebeneinander vorbei, und wer fährt dann freiwillig rückwärts?

Zweitens: Unsere Fahrtrichtung ist nach der Ausfahrt links, fahren dürfen wie aber nur rechts. Wir müssen daher irgendwo drehen. Wobei „irgendwo“ nicht gerade eine beruhigende Angabe ist, wenn man sich auf der Zufahrtstraße in Richtung Rom Zentrum befindet.

Und drittens müssen wir dann auch noch wieder zurück auf den Ring finden, ohne die vom Navi verordnete Ehrenrunde zu drehen.

Von daher sind wir mittelschwer angespannt, als wir uns von dem freundlichen, österreichischen Paar nebenan verabschieden.

Aber…..man sollte es nicht glauben …. Es klappt alles ohne irgend einen Zwischenfall. Sogar die Navis sind sich mal einig.

Die Fahrt auf dem Ring um Rom ist ziemlich wuselig, denn heute sind auch wieder LKWs am Start. Lange brauchen wir jedoch dort gar nicht fahren. Schon bald geht es ab und auf die SS 148 Richtung Terracina/Napoli.
Der Verkehr wird etwas ruhiger. Nur im Umfeld der Städte Aprilia und Latina nimmt er wieder zu.

Was allerdings auch immer mehr zu nimmt, ist die schlechte Beschaffenheit der Straße. Ein Flickenteppich aus Schlaglöchern und Teerflecken bedeckt die Fahrbahn. Es rumpelt und rappelt unerträglich. Einmal mehr weine ich der Luftfederung unseres Vorgänger -Mobils nach.

Unser Ziel heute ist der Area di Soster Camper in San Felice Cicero, der, wenn auch nicht direkt am Meer, so doch nur wenige Schritte davon entfernt liegen und ganzjährig geöffnet haben soll.

Strand bei San Felice Cicero

Das halbgeschlossene Tor der Zufahrt zum Stellplatz sieht irgendwie nicht gerade einladend aus. Ein junger Mann, den ich auf dem leeren Stellplatz finde, erklärt mir, dass wir hier nicht stehen können. Der viele Regen der letzten Wochen habe den Rasen in eine Schlammwüste verwandelt.

Mist….wäre ja auch etwas viel des Guten an einem Tag gewesen.

Wir fahren durch den Ort San Felice Cicero. Hier würden es uns wirklich gefallen, aber auch 2 weitere Stellplätze haben geschlossen und einfach an der Straße stehen bleiben, wollen wir nicht.


Wie gut, dass wir es uns angewöhnt haben, immer noch 1 bis 2 Alternativen im Ärmel zu haben. Die Alternative heute heißt: „Camping Anastasia “ in Rio Claro kurz hinter Terracina und ist noch weitere 20 km entfernt.

Wir müssen das recht große Terracina durchqueren, aber alles ohne Probleme, bis auf die elenden Schlaglöcher. Es ist eine zauberhafte Landschaft, die sich uns da im Licht der Frühlingssonne und unter strahlend blauem Himmel offenbart. Schnee bedeckte Berge im Hintergrund…..sind das immer noch die Abruzzen? Das blaue Meer, die Palmen und Pinien, die mediterranen Häuser, deren oft offensichtliche Renovierungsbedürftigkeit sich hinter einem morbidem Charme versteckt. Traumhaft.

Wir erreichen den Campingplatz, der zwischen dem Kanal Santa Anastasia und dem Meer liegt und…..geöffnet hat.
Mit dem ausgehändigten Plan fahren wir über den weitläufigen und leeren Campingplatz. Die Stellplätze am Wasser liegen auf einer Anhöhe 20m über dem Strand, mit wahnsinnigem Blick über das Meer.
Und gerade auf den letzten 50 m vor dem heutigen Paradies wird Michael noch einmal so richtig gefordert.
Unser Wohnmobil mag die steile, schmale Rampe mit der Kurve zum Terrassenplatz ganz und gar nicht. Es hat halt einen Frontantrieb. Es schüttelt sich und die Räder drehen durch. Nun hängen wir mit dem Womo samt Hänger auf der Rampe und nichts geht mehr. Was ist zu tun? Während ich in solchen Situationen eher in einen hektischen Aktivismus verfalle, bleibt Michael erst mal ganz ruhig und überlegt. Er hat sich das Ganze gut überlegt, denn Stück für Stück greifen die Räder dann wieder, und wir können auf die obere Terrasse fahren und uns einen Platz aussuchen. Sie stehen uns alle zur Verfügung.
Was für ein Platz! Was für ein Blick übers Meer!

wunderschöner Platz oberhalb des Strandes


Schnell stehen die Campingstühle draußen in der Sonne und wir genießen unseren Platz am Meer.
Hier gefällt es uns. Hier bleiben wir 1-2 Tage und erkunden das Umfeld mit Rad und Roller.
Abends gibt sogar noch einen wunderbaren Sonnenuntergang und Wellengeplätscher zum Einschlafen.

Sant‘ Anastasia und der Besuch der Hexe

Tag 19

 6. April in Italien ⋅ ☁️ 15 °C

Unser Standort: Camping Sant Anastasia

Am Strand von Sant‘ Anaastasia

Heute schwächelt nicht nur das Wetter etwas, sondern ich gleich mit.
Mit Wärmepflastern und Körnerkissen versuche ich seit gestern Abend die „Hexe“ zu vertreiben. Weiß‘ der Geier, woher die gekommen ist. Vielleicht hatte sie sich in einem der riesen Schlaglöcher auf der Straße versteckt.
So ruhig gestellt, gibt es heute wenig zu berichten.

Der Morgen ist bewölkt, aber recht warm. Meer und Himmel scheinen im gleichen Grau am Horizont zu verschmelzen. Die Wellen, die uns heute Morgen wecken, plätschern sanft an den Strand.
Ein Strandspaziergang muss doch möglich sein. Ganz langsam und vorsichtig. Der Strand ist menschenleer.

Wir haben wirklich manchmal das Gefühl auf einem „Lost Place“ zu sein. Gestern Abend ist noch ein kleiner deutscher Van mit zwei jungen Leuten gekommen, sonst wären wir allein.


Auf dem Platz herrscht noch so etwas wie Winterruhe. Vereinzelte Dauercamper, die hier ihre Parzelle haben, sind am Aufräumen und Renovieren. Auch ein paar Angestellte des Platzes versuchen den Camping aus dem Dornröschenschlaf zu holen.

Ich denke, dass um Ostern hier mehr Betrieb ist.
Wir genießen die „Alleinlage“ unseres Womos und die Ruhe.
Der Strand ist nicht sehr aufgeräumt, aber das ist hier vieles nicht.

Da muss man sich wirklich erst daran gewöhnen, dass überall Tüten, Flaschen, Verpackungen, Dosen in der Natur liegen. Aber auch andere Dinge bleiben einfach liegen, sich selbst überlassen und gammeln vor sich hin. Wie die beiden Boote im Kanal.

Gestern bei Sonnenschein habe ich sie noch als romantisches Motiv empfunden und fotografiert. Heute bei der Bewölkung, sehe ich auch den Rost, die Löcher, den Grünspan.
Italien hatte und hat immer noch ein Müllproblem. Müll und auch Sonder- und Giftmüll wird illegal entsorgt oder einfach angezündet. Es gibt eine regelrechte Müllkriminalität.
Die Italiener scheinen in der Tat eine ganz eigene Beziehung zum Müll zu besitzen.
Es muss wohl auch das Umweltbewusstsein des Einzelnen nicht besonders ausgeprägt sein, sonst würden Flaschen ,Dosen, Tüten…..nicht einfach weggeworfen werden, sondern in einem Mülleimer landen.
Auf der anderen Seite haben wir auf den Campingplätzen auch immer Mülltrennung angetroffen.
Irgendwie scheinen da gute Vorsätze zu sein, die nur nicht zu Ende gebracht werden.


Italien ist ein so schönes Land, mit so vielen Kulturschätzen, wunderschönen mittelalterlichen Städtchen, mit einer sagenhaften Kulinarik und maßgebend in Mode und Design, ein Volk, das auf eine geschichtsträchtige Vergangenheit zurückblicken kann, das bedeutende Künstler und Wissenschaftler hervorgebrach hat, aber irgendwie schaffen sie es nicht „Ordnung“ im eigenen Land zu halten.
Wie gut, dass die Sonne und das besondere Licht hier über vieles hinweg sehen lässt.

Am Nachmittag zwischen zwei Regenschauer laufen wir zu dem kleinen Supermarkt hier im Ort, weil wir Brot brauchen. Den Laden haben wir erst auf den zweiten Blick erkannt.
Auch hier alles etwas chaotisch. Aber wir bekommen unser Brot und soga ein halbes abgeschnitten. Sehr freundlich und sehr hilfsbereit die Menschen, nicht nur hier in dem kleinen Laden.

Morgen soll es wieder Sonne satt geben und ich hoffe, dass die „Hexe“ morgen wieder verschwunden ist, damit wir nach Sperlonga fahren können, dessen Lichter abends zu uns herüber leuchten.

Rollerfahrt nach Sperlonga

Tag 20

 7. April in Italien ⋅ ☀️ 14 °C

Unser Standort: Camping Sant Anastasia

Weg zum Strand

Heute Morgen ist die Sonne wieder da, meine Beweglichkeit allerdings noch nicht. Aber wie sagt man gleich: „Nur die Harten kommen in den Garten“.

Der Wind hat ganz schön aufgefrischt und zaubert den Wellen weiße Schaumkronen. Ein malerisches Bild.
Was kommt da plötzlich beim Frühstück vorbeigeflogen?
Die ersten Kitessurfer nutzen den Wind, und die bunten Schirme gleiten hoch über dem Meer.
Nach dem Frühstück unternehmen wir einen Strandspaziergang. Dieses Mal in die andere Richtung. In der Saison liegt hier Campingplatz neben Campingplatz.
Die Strandbar wird gerade weiß gestrichen. Bis zum Eintreffen der ersten Badegäste ist aber überall noch viel zu tun.
Wir finden einen Feldweg, auf dem wir zurück in den Ort laufen können, denn an der Straße macht das wenig Freude ohne Gehweg. Der Weg führt vorbei an kleinen landwirtschaftlichen Betrieben und an Häusern, in deren Gärten Bäume dicht behängt mit Zitronen und Apfelsinen wachsen.

Apfelsinenbäume



Obwohl ich sie nicht zum ersten Mal sehe, faszinieren mich diese Bäume jedes Mal wieder. Sie sind, genau wie die Kakteen, die wild im Straßengraben wachsen, oder auch die Strelizien und Palmen etwas, was es nicht in unserem Lebensraum gibt, und daher etwas Besonderes.

Strelitzien



Ein Mann grüßt freundlich und fragt uns etwas. Leider spricht er kein Englisch und wir kein Italienisch und so bleibt es bei einem freundlichen Lächeln. Das ist überall verständlich.

Spaziergang



Michael und ich unterhalten uns mal wieder über den Müll, der überall herumliegt. Ein Gewächshaus, das nicht mehr gebraucht wird und verfallen ist, wird einfach der Natur übergeben. Wahrscheinlich in der Hoffnung, dass Gras darüber wächst.
Der Spaziergang hat für mich nicht den gewünschten Erfolg gebracht, im Gegenteil.

Die Sonne ersetzt daher später das Körnerkissen. Ein Sonnenbad, Wind geschützt, hinter dem Wohnmobil tut gut.



Am Nachmittag muss ich Michael regelrecht überreden. Er will nicht mit mir nach Sperlonga fahren, weil er Angst hat, die Fahrt mit dem Roller über die Straße mit den Schlaglöchern könnte meinen Zustand verschlechtern. Aber letztendlich gibt er nach.

Stellplatz oberhalb des Strandes


Wir fahren in die gut 10 km entfernte Stadt, deren Altstadt hoch oben auf einer Bergkuppe liegt. Michael versucht fürsorglich um alle Schlaglöcher und Unebenheiten herumzufahren.



Sperlonga gilt als einer der malerischsten Orte Süditaliens. Oben angekommen, bietet sich gleich ein überwältigender Blick von der  Altstadt, die auf einem Felsplateau liegt, über endlose Sandstrände.

Blick von der  Altstadt



Wir stellen den Roller ab und bummeln durch die Stadt. Auch hier ist man noch am Vorbereiten für die Saison. Es wird gestrichen,verputzt und erneuert. Die weißgekalkten Häuser in den verwinkelten Gassen erinnern an ein griechisches Dorf.

Durch die engen Gassen, durch die zwischendurch blau das unten liegende Meer leuchtet oder über uns Wäsche zum Trocknen aufgehängt ist, durchforsten wir das Städtchen. Überall Ecken, Nischen, kleine Plätze, die für die Gastronomie genutzt werden.
Es gibt unzählige Treppen, flankiert von Terrakottatöpfen, in denen im Sommer Kletterpflanzen oder Blumen wachsen. Jetzt sorgen Plastikblumen für die nötige Farbe. Autos können hier in den engen Gassen keine fahren.


Wir setzen uns in die Gelateria gegenüber der Kirche und bestellen uns das selbstgemachte Eis. Das können sie wirklich, die Italiener. Einen Besuch des Torre Truglia und der Grotten mit den ärchälogischen Ausgrabungen verweigert mein Rücken, und so fahren wir nach den Eis essen zurück.

Unterwegs halten wir an einem kleinen „Supermarkt“, der sehr an einen „Tante Emma Laden“ erinnert, denn es wird das Obst noch abgewogen und eingepackt, Wurst und Käse auf Wunsch geschnitten. Große Edelstahlbehältern enthalten Wein, der in Plastikbehälter oder Flaschen abgefüllt wird.

Supermarkt


Als wir zurückkommen, sehen wir, dass ein weiteres Wohnmobil diesen Platz gefunden hat. Jetzt sind wir schon zu dritt.
Aber morgen fahren wir weiter Richtung Neapel. Dort haben wir uns bei einem Weingut angemeldet …..und dort könnte mir unter Umständen auch geholfen werden.

Abendstimmung